Die Angst vorm Nein-Sagen





So stressig hatte ich mir die Klausurenzeit nicht vorgestellt. Na gut, ich bin bereits dafür bekannt alles auf dem letzten Drücker zu machen, aber jetzt mit den Geburtstag von meiner Oma den ich organisieren muss, dem Zimmer meiner Mitbewohnerin, der ich versprochen hatte beim Steichen zu helfen und dem Freund, der sich am Wochenende auch ein bisschen mehr Beachtung wünscht... Ein Blick auf die Uhr und eine erstickende Welle von Panik überkommt mich. Ich werde nie fertig. Absagen kann ich jetzt auch nicht mehr. Am liebsten würde ich mich in einem Loch in meiner Wand verstecken und erst wieder raus kommen, wenn alle vergessen hatten, dass sie mich brauchten. Warum konnte ich nicht von Anfang an sagen, dass ich keine Zeit hatte? In zehn Minuten muss ich schon wieder los. Ich hab einem Kommilitonen versprochen ihm bei dem Typografie-Projekt zu helfen. Mir wird immer heißer. Aufgebracht laufe ich im Zimmer auf und ab, wie ein Tier im Zoo, das nicht mehr still stehen kann. Ich fühle mich eingesperrt. Nur nicht räumlich. Ich bin eingesperrt zwischen den Menschen, die meine Hilfe erwarten, zwischen der Zeit die immer enger wird und in meinem eigenen Chaos, das ich mir selbst verschulde. Die dritte panische Heulattacke. Wenn es so weiter geht, erklären mich meine Mitbewohner bald als depressiv. Wenn ich nur mehr Zeit hätte... 

Glücklich sein und glücklich machen. Die perfekte Balance zwischen diesen beiden Werten zu finden, scheint die Kunst zu sein, die wir alle wünschten zu beherrschen. Aber so schwer kann das doch nicht sein, oder? Schließlich macht es doch glücklich andere glücklich zu machen.
So einfach könnte es sein und trotzdem zerbreche ich mir Nächte darüber den Kopf.

Schon immer wurde mir gesagt, ich soll es nicht ständig allen Recht machen. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich für jedes Problem und jeden Wunsch den man mir anvertraute, verantwortlich. Plötzlich wurde es meine Aufgabe den letzten Umhang für die Theatervorstellung zu nähen, den Streit mit der Freundin zu schlichten und den Nachmittag für den Anderen aufregender zu gestalteten.
So sehr ich es auch mochte den Held des Tages zu spielen - von meinem Tag blieb leider so gut wie nichts übrig. Und natürlich macht auch keinen Spaß ausgenutzt zu werden.
Irgendwann stellte ich selbst fest, dass die „Nein-sagen-Phobie“ aus dem Ruder lief. Wenn du merkst, dass dich jemand nur um Hilfe bittet, weil er zu faul ist oder keine Lust hat selbst über das Problem nachzudenken, wenn jemand gezielt auf dich zukommt, weil er weiß du kannst keine Anfrage ablehnen - dann ist definitiv Schluss.

Wenn ich nicht weiß wie es weiter gehen soll schreibe ich zunächst eine Liste. Viele schreiben diese Liste am Jahresende mit ihren Vorsätzen für das nächste Jahr. Aber ich finde es gibt tausend bessere Anlässe 10 oder 100 davon einfach unter dem Jahr zu fertigen. Denn kleine Ziele sind so viel schneller, und geben wir es zu – auch realistischer zu erreichen. Außerdem wer liebt es nicht ein Häkchen hinter eine Aufgabe zu setzen?

Doch was sollte diese Liste jetzt? Ich schrieb zunächst alles auf was mich ausmachte, worauf ich stolz war und darauf hin, was ich erreichen wollte und in welchen Schritten ich vorgehen möchte. Zum Beispiel, wenn du besser in Mathematik werden möchtest, schreibe dir einen Lernplan, versuche dich zu organisieren und greife dein Ziel in Schritten an. Wenn dir dein Zimmer nicht gefällt, lass dich von Pinterest inspirieren, fahre zum Baumarkt und kaufe dir eine neue Farbe – schon ist dein Zimmer bereits einen Schritt näher wie du es dir vorstellst .
Wenn du dir diese Ziele setzt, versuche sie durchzuziehen. Wenn dich jetzt jemand fragt, ob du seine Probleme für ihn lösen kannst, dann hast du schlichtweg keine Zeit, denn du bist gerade mit deinen Eigenen beschäftigt. Vielleicht ist es jetzt auch an der Zeit sich mal helfen zu lassen...

Wenn ich mir das was ich geschrieben habe noch einmal durchlese komme ich mir falsch vor. Ich bin noch lange nicht an dem Punkt, an dem ich sagen kann: „ Hey Leute ich bin glücklich mit dem was ich mache und wie ich mit problematischen Situationen umgehe.“ (als ob überhaupt jemand so einen Satz sagen würde :D)
Ich kann auch nicht sagen, ob das die Lösung ist. Ich kann nur sagen, es hilft sich mit dem was dich beschäftigt auseinander zu setzten. Durch das Aufschreiben realisierst du vielleicht auch erst auf was du dich eigentlich konzentrieren möchtest und wo du deine Energie reinstecken willst.


Ich denke ich bin gerade so mittendrin. Nach einer unglaublich stressigen Phase kann ich zum Glück sagen, dass meine besten Freunde mich kennen und wissen, dass ich sie gerne bei allem unterstütze. Aber sie nutzen mich nicht aus und geben auch etwas zurück. Denn das sind die Freunde, denen du gerne unter die Arme greifst. Die Menschen die sich NICHT so verhalten gehören aus solchen Gründen auch gar nicht in dein Leben. Manchmal tut ausmisten gut. Nicht nur im eigenen Zimmer.

Liebe Grüße, Tatjana

2 Kommentare:

  1. Wirklich toller Text, die Schreibweise gefällt mir echt gut. :)
    Gerade der letzte Satz ist so wahr! "Manchmal tut ausmisten gut. Nicht nur im eigenen Zimmer."

    Liebe Grüße, Hanna von http://hanna0irresolutely.wordpress.com

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